Wann kommt der große Knall an den Börsen?
Mit dem Titel dieser Kolumne und vor allem zu dem Inhalt habe ich mir wirklich viel Zeit gelassen. Na ja, sagen wir mal zwei bis drei Wochen. Warum das alles?
Es geht um ein brisantes Thema, das in der vorletzten Novemberwoche aufgepoppt ist (von wem, dazu später) und ich wollte erstmal warten, ob sich sonst jemand aus der schreibenden und kommentierenden Zunft dazu äußert, was aber bis heute kaum geschehen ist.
Und zum zweiten wollte ich nicht unbedingt in der Vorweihnachtszeit meinen geneigten Lesern schwere Kost vorsetzen, auf dass sie sich nicht grämen, wo doch alle Welt fröhlich pfeifend auf weiter steigende Aktienkurse setzt.
Und außerdem, grade in dem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, steigt der DAX auf ein neues Rekordhoch über der Marke von 20.0000 Indexpunkten. Und jetzt, wo alle Hurra schreien, ausgerechnet diese Kolumne? Sei´s drum, es muss sein, jetzt und gerade jetzt.
Der mahnende Rufer in der Wüste, den niemand so richtig hörte und vielleicht auch nicht hören wollte, trat am 20. November auf die Platte. Es handelt sich hier um eine durchaus gewichtige Adresse, nämlich die Europäische Zentralbank (EZB). Die veröffentlichte nämlich an diesem besagten Mittwoch den „Finanzstabilitätsbericht“. Nur gelesen haben den offenbar nicht viele Leute und verstanden anscheinend noch weniger.
Die EZB warnt in eben diesem Bericht vor steigenden Risiken an den Finanzmärkten und erst recht vor einer drohenden Verwundbarkeit des Finanzsystems. Überdies dürften die von Trump in Aussicht gestellten Zölle die Wirtschaft im Euroraum schwer treffen.
Die EZB sieht vor allem drei Gefahrenbereiche:
• Fragile Finanzmärkte
• Verletzlichkeit der Staatshaushalte
• Wachsende Kreditrisiken
Fragile Finanzmärkte
Wahr ist, dass die Aktienkurse mehr oder minder allesamt ziemlich nach oben gelaufen sind. Das ist für sich alleine genommen zwar noch nicht unbedingt ein Warnsignal, wohl aber in der Konzentration auf einige wenige Branchen wie etwa der Chiptechnologie. Besonders problematisch ist aber die Tatsache, dass große Kapitalsammelstellen (Versicherer, Pensionsfonds) Klumpenrisiken aufgebaut haben, also vor allem in US-Aktien investiert sind. Wenn es dort mal knallt, dürften starke Verluste die Folge sein.
Verletzlichkeit der Staatshaushalte
Die hohe Verschuldung der Länder und deren Haushaltsdefizite können nur finanziert werden, wenn das Wachstum in den Volkswirtschaften „funktioniert“. Genau das ist ja gerade in Deutschland nicht der Fall. Frankreich etwa ist total unterfinanziert und ächzt unter einer hohen Schuldenlast. Wenn die Märkte das Vertrauen in die Finanzierungsfähigkeit der Staaten verlieren, kann das verheerende Folgen für die Finanzmärkte haben.
Wachsende Kreditrisiken
Wenn sich die Konjunktur noch schlechter entwickelt, drohen Liquiditätsprobleme für Unternehmen und auch für private Haushalte. Die Insolvenzrisiken nehmen deutlich zu. Insgesamt rechnet die EZB mit einer steigenden Zahl von Kreditausfällen, vor allem bei gewerblichen Immobilienkrediten.
Aber so ist das eben. Weihnachtszeit ist auch und vor allem die Zeit der Besinnung. Und da kann es wirklich nicht schaden, sich auf Zeiten einzustimmen und einzustellen, die dem Wertpapierdepot ernsthaften Schaden zufügen könnten, wenn man alles so weiterlaufen lässt. Defensiv ist also der neue Charme für die Finanzmärkte.
Nie war der Satz richtiger, dass an den Börsen zum Ausstieg nicht geklingelt wird. Das Weihnachtsglöckchen lässt dennoch warnend grüßen. Leise, aber vernehmlich.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
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