Des Kaisers neue Kleider oder wie die drohende Pleite der Greensill Bank Tausende Festgeldsparer um den Schlaf bringen kann
„Wenn wir schon nicht spielen können, inszenieren wir eben selbst ein tolles Stück“. Die Bühnen der Stadt Köln verbuddeln schon seit Jahren zig hunderte von Millionen in der Sanierung der Oper und haben – natürlich – zur Finanzierung derselben saftige Kredite aufgenommen.
Der Clou: Statt die Gelder schön brav zu hüten, wurde ein Teil der Kohle bei der Greensill Bank als Festgeld angelegt, die Rede ist von 15 Millionen Euro. Das Blöde ist nur, daß diese Bremer Bank kurz vor der Pleite steht und das Geld nun möglicherweise futsch ist.
Maximal 100.000 Euro?
Soweit deutsche Sparer sich an die eherne Regel halten, bei Tages- und Festgelder nicht mehr als 100.000 Euro pro Anleger zu deponieren, springt im Falle der Bremer Greensill Bank die Einlagensicherung der deutschen Privatbanken ein. Mehr als einen unruhigen Schlaf bis zur endgültigen Rückzahlung brauchen die Betroffenen – da sie im Gegensatz zur den Kölner Bühnen Privatanleger sind – also nicht zu fürchten.
Falls Sie aber über dieser Summe liegen, müssen allerdings auch Sie um ihr hart Erspartes fürchten.
Die Strafzinsen und des Kaisers neue Kleider
Ist es die Flucht für Strafzinsen oder warum fallen seit Jahren Abertausende von Sparern auf vermeintlich attraktive Festgeldangebote herein? Auf der Zinsjagd nach ein paar Zehntelprozenten mehr über Null lassen sich viele Anleger von Bling, Bling blenden. Aus der ehemals drögen NordFinanz Bank wurde eben mal schnell das wohlklingende „Greensill“.
Und damit sich die Leute auf Zinsplattformen wohlfühlen, werden dort eben auch klingende Namen bevorzugt.
„WeltSparen“ fühlt sich gut an, damit verbindet der Normalsterbliche polyglottes Feeling und Professionalität. Die Plattform „Zinspilot“ suggeriert, die wüssten schon, wo es langgeht. Doch mehr als bunte Verpackung, des Kaisers neue Kleider halt, ist das bei genauem Hinsehen dann eben doch nicht.
Auch wenn über diese Vermittlungsformen mittlerweile Milliarden an Tages- und Festgeldern über den Tresen gehen.
Europäischer Einlagensicherungsfonds: Klingender Name, schallende Ohrfeige
Die sehr spannende Frage ist nur, wie sicher sind Einlagen von Kunden, deren Festgeldkonten im Ausland liegen?
WeltSparen etwa verspricht eine Abdeckung zu 100% durch den (europäischen) Einlagensicherungsfonds.
WeltSparen selbst ist keine (!) Bank, und daher auch nicht Mitglied von irgendeiner Einlagensicherung. WeltSparen fungiert lediglich als Vermittler, das Gelder an Banken in Europa weiterleitet.
WeltSparen „nutzt“ meines Erachtens eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014, nach der Spareinlagen innerhalb der Europäischen Union bis zu einem Betrag von 100.000 Euro gesetzlich gesichert seien. Damit lässt sich dann ja auch wunderbar werben.
Allerdings ist es so, daß der Anlegerschutz (aus der Richtlinie) dann jeweils national organisiert ist. Das heißt in aller Dürre, daß der jeweilige Staat, aus dem die betreffende Bank kommt, die Einlagensicherung organisiert.
Und da kann natürlich der Hase im Pfeffer liegen. Vereinfacht gesagt, winken dort die höchsten Zinsen für Guthaben, desto schwieriger für die jeweils nationalen Geldinstitute die Geldbeschaffung ist. Also bei Banken aus Bulgarien, Kroatien oder Zypern. Bitte nochmal: wenn´s schiefgeht, müssen dann die jeweils nationalen Länder für die havarierte Bank einspringen.
Wann Sie also Ihr Geld wiederbekommen und auch noch in welcher Währung, steht in den Sternen und kann sich ziemlich hinziehen.
Merke also. Es gibt keinen europäischen Einlagensicherungsfonds. Wo nichts ist, ist auch nichts gesichert. Ein Sicherungsversprechen gibt es jeweils immer und ausschließlich nur national.
Bitte, ich will hier nicht gegen WeltSparen wettern und auch nicht gegen das Geschäftsmodell prinzipiell. Den moralischen Zeigefinger hochzuhalten wäre an der Stelle völlig verkehrt. Ich kenne einige Leute von WeltSparen und ich finde, die machen da einen guten Job. Und wer unbedingt ein paar Zehntelprozent mehr an Zinsen haben will, dafür auch bereit ist, Risiken einzugehen, soll das gerne auch tun. Oder lohnt sich das denn wirklich für einen Zinsvorteil von ein paar und fünfzig Euro?
Alternativen gegen Strafzinsen
Es gibt, nur mal so nebenbei, im Übrigen gute Alternativen, nicht nur für Privatleute, sondern auch für Firmen, den blöden Strafzinsen zu entgehen. Cashmanagement durch Fonds etwa.
Ein europäischer Einlagensicherungsfonds existiert nicht, basta.
Mir gefällt einfach nicht, daß Ross und Reiter nicht richtig benannt sind. Ein europäischer Einlagensicherungsfonds, den es in Wirklichkeit nicht gibt, ist nichts anderes als das Pferd falsch aufgezäumt zu haben. Ich persönlich möchte nicht unbedingt auf einem ukrainischen Ross sitzen, unter dessen Sattel meine 100.000 Euro liegen. Da kann man dann auch leichter runterfallen. Oder reinfallen.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Tags: WeltSparen, Zinspilot, Greensill, Nordfinanz, Spareinlagen, Festgelder, Einlagensicherungsfonds, Bühnen der Stadt Köln, Termineinlagen
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