Auch Stockpicking will gelernt sein – Oder wie Sie lernen, Directors Dealings zu lieben
Quasi über Nacht können so manche Aktionäre ihr blaues Wunder erleben. War es noch letzte Woche Continental, die in nur wenigen Stunden zweistellig verloren, so staunten die Inhaber von BMW-Titeln gestern nicht schlecht. Ungläubig registrierten sie, wie ihre Autoaktie böse abbremste. Eine negativer Ausblick verhagelt dem Kurs die – erwünschte – freie Fahrt nach oben, bis auf weiteres wird das auch so bleiben, glaube ich. Das alles sind keine Einzelfälle, andere negative Tagesüberraschungen mit fetten Verlusten gibt es zuhauf.
Was will ich ihnen damit eigentlich jagen? Es gibt Börsenzeiten, in denen es nicht viel bringt, auf bestimmte Branchen setzen oder Aktien nach Grobkriterien zu sortieren, wie etwa der Dividendenrendite oder einem KGV Kurs-/Gewinnverhältnis). Einer Gewinnwarnung kann auch schnell eine Reduktion der Ausschüttung folgen und dann ist es schon Essig mit dem tollen ausgesuchten Wert. Das hat eben auch alles damit zu tun, daß derzeit klare ökonomische Trends in der Weltwirtschaft nicht so gut erkennbar sind und die politische Großwetterlage auch nicht gerade zu Begeisterungsstürmen einlädt.
Kurzum: Stockpicking ist das Gebot der Stunde. Der Anleger muss sich auf die Suche nach einzelnen Werten machen, von denen er glaubt, sich genau mit denen gegen negative Überraschungen wappnen zu können. Bevor Sie jetzt aber anfangen, den Zeitschriftenmarkt oder irgendwelche Börsenbriefe nach „Hidden Champions“ abzuklappern, um hier den Stein der Weisen quasi nachgeworfen zu bekommen: kann sein, daß es was bringt, muß aber nicht. Das gilt erst recht für die vielfältigen Internetplattformen, die einem den goldenen Schuß versprechen. Außerdem kostet das alles irre viel Zeit mit völlig ungewissem Ausgang.
Bevor Sie jetzt enttäuscht das Thema Stockpicking abhaken, möchte ich Ihnen gewissermaßen ein so was wie amtlich anerkanntes Stockpicking ans Herz legen. Sie ahnen vielleicht schon, worauf ich raus will. Es geht mir um die sogenannten „Directors Dealings“. Das sind Aktienkäufe (aber auch Verkäufe) von Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften (plus ihnen nahestehende Personen). Die, wie sie korrekt genannt werden „Eigengeschäfte von Führungskräften“ finden Sie auf der Homepage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de.
Ist ein bisschen kompliziert, an die richtige Stelle zu kommen, aber es lohnt sich meines Erachtens schon, denn die Führungskräfte müssen eben ziemlich rasch nach ihrer Aktivität diese eben an die Bafin melden. Persönlich glaube ich schon daran, daß, wenn etwa ein Vorstand seine eigenen Aktien kauft, dies als Indiz für ein gutes Gelingen des Aktienkurses gelten sollte. Aber auch als Hinweis für Kursgefahr bei einem Insiderverkauf.
„Amtlich anerkanntes Stockpicking“. Das ist von mir natürlich nur als Metapher gedacht. Sie verstehen, glaube ich, schon, daß ich damit das Meldeverfahren von Directors Dealings meine und niemand etwa offiziell diese Werte zum Kauf oder Verkauf empfiehlt und das natürlich auch behördlicherseits nicht stattfindet. In gar keiner Weise.
Dennoch: Eine bessere Auslese von möglichen interessanten Werten kann ich mir nicht vorstellen. Und das dann auch noch auf dem Präsentierteller. Manche Lampen leuchten halt
besonders helle.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin es auch. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“