Aktien-Kaufangebote: Tarnen, Täuschen, Totalschaden
Ach, wenn ich meine Leser nicht hätte, dann wäre die Börsebius Welt um interessante Themen deutlich ärmer. Just letzte Woche brachte mich die Mail eines Börsebius Lesers so sehr in eine gute Stimmung, weil das von ihm angeschlagene Thema – ich wette – jeden, aber auch wirklich jeden von Ihnen angeht. Aus der Mail des Lesers Harald B. wird ein veritables Lehrstück, das wirklich jeden von Ihnen betrifft. Und jedem schon einmal passiert ist. Danke nochmals ins Hanseatische.
Aktienkaufangebote über meine Hausbank
Worum geht es also? Da flattert eines schönen Tages ein Brief der Hausbank auf den Tisch des Anlegers. Sieht irgendwie hochoffiziell aus. Dort ist dann von einem Kaufangebot die Rede.
Es geht um eine bestimmte Aktie, die sich im Depot des Adressaten befindet. Man sei bereit, einen Preis x für die Aktie zu bezahlen. Sagen wir mal 12.000 Aktien für 0,20 Euro. Macht zusammen 2.400 Euro. Man möge dann doch bitte für die Abwicklung das beiliegende Formular verwenden. Und so weiter und so weiter.
Ist das etwa vielleicht doch ein hoch attraktives Übernahmeangebot? Endlich mal Glück gehabt? Mitnichten. Es ist das genaue Gegenteil davon.
Erster Irrtum: Die Depotbank kennt das Angebot überhaupt nicht
Dem ersten Irrtum, dem viele Anleger erliegen, ist zu glauben, dass die Depotbank „irgendwas“ mit dem Angebot zu tun hat, weil es halt so offiziell aussieht.
Das ist jedoch keinesfalls so. Die Depotbank ist – leider – gesetzlich verpflichtet, dem Anleger jedes Kaufangebot zu übermitteln, ob sinnlos oder nicht, ob unseriös oder halbseiden, alles völlig egal.
Manche Hausbanken „verschlimmern“ sogar noch den offiziösen Charakter des Kaufangebotes, in dem sie ein Annahmeformular beifügen, nach dem der Kunde ankreuzen soll, ob der die Offerte annimmt oder nicht. Das ist natürlich ziemlich blöde von der Depotbank und ganz gewiss nicht hilfreich. Ich habe schon mit etlichen Depotbanken über diese Praxis gestritten, geholfen hat es, glaube ich, nicht. Leider.
Zweiter Irrtum: Der Angebotspreis ist mickrig
Viele Anleger verstehen nicht, daß der Angebotspreis je Aktie eine ziemliche Unverfrorenheit ist. Weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick.
Ich habe in den letzten zwei bis drei Jahren einige dieser Kaufofferten zu sehen bekommen und nahezu immer liegt der Preis satanisch unter dem echten Wert. Die Regel liegt so bei drei bis zehn Prozent des eigentlichen Wertes. Also wer sich auf so einen Deal einlässt, hat in dem Moment, wo er unterschreibt, einen dicken Verlust ratifiziert.
Das Motiv der Gegenseite?
Warum machen diese Anbieter so etwas überhaupt? Das ist ganz einfach. Das Kaufangebot erhält jeder, der just diese Aktien im Depot hat. Auch eine Form der künstlichen Intelligenz. Das heißt, mehrere hunderttausend Depotinhaber werden angeschrieben und wenn davon nur einige wenige davon auf den offiziösen Charakter hereinfallen, bringt das Gesetz der großen Zahl schon ungeahnte Gewinnsummen. Dem Anbieter der Offerte, versteht sich.
Ich selbst habe erlebt, dass in einem solchen Fall eine Adresse sich weit über 100.000 Aktien gesichert hat, die er zu Preisen um 20 Cents bekam. Im Rahmen eines späteren Squeeze Out war dann die Aktie nahezu 5 Euro wert. Das ist natürlich ein Wahnsinnsgewinn, den sich am Ende der Falsche gesichert hat.
Dubiose Tauschangebote
Und immer wenn man denkt, den Burschen fällt nichts mehr an Fiesheiten ein: es geht aber immer noch eine Spur raffinierter. Der neueste Gag: Es werden nicht Geldbeträge geboten, sondern der Umtausch in andere Aktien. Bis die Anleger gemerkt haben, dass sie ihre – eigentlich – wertvollen Stücke in Ramschaktien getauscht haben, geht eine gehörige Zeit vorbei. Und der Schaden ist perfekt. Meist ist es fast ein Totalschaden. Das ist schade. Das wäre schade. Lassen Sie es nicht soweit kommen.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Tags: Börsebius, Kolumne, Finanzmärkte, Börsebius TopSelect, Börsebius TopMix, Börsebius Bosses Follower Fund, Aktien Kaufangebot, Depot, Depotmitteilung, künstliche Intelligenz, Schaden
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