Wirecard, was nun? Heiße Kartoffel.
Wie kommt Börsebius eigentlich an seine Themen? Zunächst einmal habe ich die besten Ratgeber, die der Mensch sich vorstellen kann und das sind meine Leser. Von ihnen werde ich immer wieder inspiriert mit Fragen und Themenvorschlägen. Und dann gärt es eine Weile und die Kolumne wird geboren. Echt eine feine Sache.
Zuweilen schwanke ich zwischen verschiedenen Themen, die „dran“ sind. So ging es mir zu Beginn der Woche. Da war ich mir echt nicht sicher, schreibe ich was zur neuen Doppelspitze von SAP (total spannend) oder zu den EU Plänen der neuen Einlagensicherung (mein lieber Schwan). Dann pinne ich die Ideen einzeln auf gelbe Zettel. Und gehe dann schlafen. Morgens weiß ich dann, was die Stunde geschlagen hat.
Es gibt aber auch Tage, da knallt einfach das Thema auf den Tisch und alle anderen Ideen müssen weichen. So geschehen gestern bei der Wirecard AG.
Da ist – wieder mal – etwas für einen DAX Wert Ungeheuerliches passiert. Fangen wir mit dem Kurssturz an. Die Börsennotiz des weltweit tätigen Zahlungsverkehrsdienstleisters ging steil nach unten. Wirecard verloren in der Spitze fast ein Viertel ihres Börsenwertes und das sind immerhin ungeheuerliche vier Milliarden Euro.
Die Financial Times (FT) berichtete, relevante Umsätze des Unternehmens in Irland und Dubai seien viel zu hoch ausgewiesen und hätten fast schon die Qualität von Luftbuchungen.
Wirecard wies die Vorwürfe der FT umgehend zurück. Der Artikel des Autors sei „eine Zusammenstellung von falschen und irreführenden Behauptungen.“.
So weit, so schlecht. Zunächst einmal sind die Vorwürfe alle nicht neu und werden regelmäßig aufs Tapet gebracht. Die einen sagen, Leerverkäufer machen hier – durch das Streuen von wilden Gerüchten – das Geschäft ihres Lebens und die anderen sind immer noch fest davon überzeugt, daß Wirecard eine Top Aktie ist, die unbedingt ins Depot gehört.
Ich selbst war bis vor einigen Monaten noch ein großer Fan von Wirecard und hatte sie bei rund 60 Euro in meine Börsebius TopTen Masterliste aufgenommen. Als mir die Sache mit den ungeklärten Umsätzen aber zu gruselig wurde, nahm ich den Wert bei 160 Euro von der Liste.
Am gestrigen Kurssturz ist die Führung von Wirecard meines Erachtens selbst schuld. Sie trägt zumindest ein gerütteltes Maß daran. Es reicht einfach nicht, empört irgendetwas zu dementieren. Wichtig wäre eine Erklärung gewesen, die die Vorwürfe im Detail zerpflückt hätten. Aber da war nichts, gar nichts.
Große Sprüche gehören bei Wirecard meines Erachtens zum Repertoire. Letzte Woche präsentierte das Unternehmen die „Vision 25“. Dort wurde eine Versiebenfachung (!!!) von Umsatz und Gewinn in Aussicht gestellt.
Wer diesen Umsatz und Gewinn auf Kundenseite beisteuern soll? Nebel, Nebel, Nebel.
Wirecard, das heißt heiße Kartoffel. Fallen lassen!
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin es auch.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“