Curevac, was nun? Fluch und Segen des Stockpicking
Was und wem auch immer Donald Trump als Hassfigur den Leuten zu Nutzen und Frommen diente, eines ist gewiss: Als der damalige US-Präsident sich anschickte, Curevac zu kaufen oder zumindest Gerüchte darüber die Runde machten, schlug die Stunde des vermeintlich genialen Stockpicking.
Wenn so einer so ein Unternehmen kauft, dann kaufe ich erst recht diese Aktie. So oder ähnlich lief bei abertausenden Börsianern die Anlageentscheidung zum Kauf des vermeintlich genialen Corona-Impfstoffherstellers aus der schwäbischen Provinz in der Frühphase der Pandemie ab: die Leute kauften die Aktie zu jedem Preis, den sie sich vorstellen konnten. Hauptsache, dabei sein und dick Kohle machen. Der Vortänzer wird´s schon wissen, also folge ich ihm, egal, was ich sonst so von ihm halte. Sei´s drum. Gewinne und Moral springen nicht immer synchron.
Die Geschichte des Börsenverlaufs der Curevac Aktie ist schnell erzählt, wenn noch nicht auserzählt. Sie ist aber eindrücklich genug.
Im August vergangenen Jahres startete Curevac an der US-Technologiebörse Nasdaq ihr Börsendasein mit 55,90 Dollar und stieg dann bis Dezember rasend schnell auf 136,27 Dollar an. Alle Stockpicker, die auf das Tübinger Unternehmen gesetzt hatten, jubelten sich einen Wolf.
Aber dann ging es stetig bergab. Erst langsamer, dann aber doch mit einem zügigeren Abwärtstrend. Der Absturz der Curevac Aktie beschleunigte sich in den letzten Tagen aber auch noch. An der Nasdaq waren Curevac nur noch 41,18 Dollar wert, ein beispielloser Niedergang also.
Der bizarre Niedergang des Tübinger Unternehmens ist schon eine bemerkenswerte Geschichte. Noch im vergangenen Jahr galt Curecav – nicht nur bei Donald Trump – als der Hoffnungsträger im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Auch Dietmar Hopp (SAP) glaubte als Hauptaktionär an die gute Zukunft von Curevac und es stieg sogar der Bund (über die KfW) mit 16 Prozent bei Curevac ein, wohl auch wegen Donald Trump und dessen Kaufgelüste.
Bei all der Gemengelage wurde offenbar übersehen, daß sich das Tübinger Unternehmen erhebliche strategische Fehler leistete.
Sichtbar wurde die verfehlte Unternehmenspolitik bereits vor drei Monaten. Da musste Curevac mit grausamen Studiendaten zugeben, daß ihr Impfstoff, der eh zu spät kam, eine ziemlich enttäuschende Wirksamkeit aufwies.
Das eigentliche Problem war (und ist) aber, daß Curevac mit sogenannten unmodifizierten mRNA arbeitet, während BionTech/Pfizer sowie Moderna mit modifzierten mRNA eine deutlich höhere Wirksamkeit erreichen.
Notbremse gezogen
Gestern zog Curevac dann auch endgültig die Notbremse. Die Tübinger kündigten an, ihre Impfstoffzulassung bei der EMA zurück zu ziehen. Auch die Kooperation mit Bayer ist damit hinfällig.
Nun soll also auch in Tübingen auf Vakzine mit modifizierten mRNA gesetzt werden. Eine sehr späte, sehr teure Einsicht. Damit fangen die Schwaben zwar nicht bei Null an, sind aber doch sehr, sehr ins Hintertreffen gegenüber den Konkurrenten geraten.
Für die Aktie sehe ich daher also erst mal schwarz. Die armen Stockpicker.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Tags: Börsebius, Kolumne, Curevac, Nasdaq, Stockpicking
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