Windeln.de nur schief gewickelt oder üble Verwicklungen?
Was auch immer beim deutschen Unternehmen Windeln.de schiefläuft, keine Angst, ich werde mich mit verbalen Plattitüden zurück halten, auch wenn´s manchmal schwer fällt.
Man muss eine Geschichte halt nur gut erzählen, damit sie sich gerade im digitalen Zeitalter in Windeseile verbreitet. Social Media machts eben möglich. Hauptsache, ein stimmiges Narrativ muss her, gepflegt formuliert. Dem folgt dann nicht nur der Dummkopf. Sondern auch der Neider. Und der Vertrauensselige. Die Schnäppchenjäger sowieso. Und so weiter.
Folgen Sie mir also gerne in das deutschsprachige Subforum der Online Wertpapierplattform Reddit. Dort wurde folgendes Narrativ verbreitet und vieltausendfach geteilt: Sie haben sicher schon davon gehört, daß China die Ein-Kind-Politik ad acta gelegt hat. Da muss doch jemand profitieren und zwar – das ist doch jedermann unmittelbar einleuchtend – das deutsche Unternehmen Windeln.de. Ach, wie gut, daß dieses Unternehmen an der Börse notiert ist…
Und so kam es, daß – auch noch verstärkt durch andere Foren – der Kurs des Babyausstatters Windeln.de durch die Decke schoss. Stand der Kurs Anfang Juni noch unter einem Euro, stieg die Notiz von Windeln.de in der ersten Woche dieses Monats auf fast 7 Euro. Und immer wieder wurde das besagte Narrativ neu angefacht und immer mehr Fans wollten die Aktie unbedingt haben.
Doch so gut sich die Geschichte anhörte, so falsch war sie. Und nicht nur das. Sie war einfach nur erfunden und von interessierten Stellen lanciert. Das ist meine feste Überzeugung. Die Story wurde schlicht dazu benutzt, einen Schein zu erzeugen, der nichts her gab.
In Wirklichkeit ist Windeln.de eigentlich pleite oder fast pleite. Wie bedroht das Unternehmen wirklich ist, zeigt auch die Tatsache, daß auf Sicht von 5 Jahren die Aktionäre fast 92 Prozent Wertverlust zu beklagen haben.
Air Berlin fliegt wieder
Wenn es denn noch eines weitern Beweises bedarf, daß an den Börsen die Zockermentalität vielfach das Szepter übernommen hat:
Air Berlin stiegen letzte Woche um sagenhafte eintausendzweihundert Prozent. Aber nicht sehr lange. Erst fulminante Kursexplosion, dann wieder Verglühen. Am Ende stand der Börsenkurs – wieder – bei 2 Cents.
Da gehört er auch hin. Der Laden ist nämlich insolvent. Und bleibt es auch.
Aber Spitzbuben im Hintergrund haben sich halt wieder eine goldene Nase verdient.
Also, selbst wenn die China-Story mit der Aufgabe der Ein-Kind-Politik stimmt, und sie stimmt ja wirklich, wäre Windeln.de aufgrund seiner angespannten Finanzlage gar nicht in der Lage darauf – also auf eine erhöhte Nachfrage – mit Investitionen zu reagieren.
Genau darauf replizierten sich auch die Warnhinweise der Bankenaufsicht BaFin. Die Aufsichtsbehörde warnten denn auch die Marktteilnehmern vor vermeintlich manipulativen Kaufaufrufen im Internet.
In den Kaufaufrufen wurde auch geschickt die Karte gespielt, man würde – quasi – als angenehmen Nebeneffekt neben den fetten Kursgewinnen chinesischen Leerverkäufern in die Suppe spucken und ihnen schwere Verluste zufügen, wenn Windeln.de solidarisch von vielen gekauft wird. Auch das stimmt hier im konkreten Fall gar nicht. Im Bundesanzeiger sind jedenfalls keine Shortpositionen gemeldet gewesen.
Aktuell liegt die Akte nach dem ersten Kursrausch bei nur noch 1,72 Euro, was ja auch die vielen Warnungen reflektiert. Aber vermutlich sind Windeln.de immer noch 1,70 Euro zu teuer.
Wer am Ende die Hosen voll hat, wird sich noch zeigen. Ich tippe eher auf die vielen betrogenen Kleinanleger und weniger auf die Gerüchteverbreiter und Manipulanten, obwohl letztere eigentlich ihre Beinkleider voll haben müssten. Aus Angst, gejagt zu werden. Doch diese Meute wird am Ende vermutlich ungeschoren davonkommen. Bis jetzt jedenfalls habe ich noch nicht viel gehört von behördlichen Untersuchungen in dieser Richtung. Zumindest keine ernsthaften, die Ross und Reiter präzise benennen.
Jetzt bin ich zum Schluss meiner Kolumne doch noch meinen eingangs formulierten Vorsatz untreu geworden. Aber wo Bilder locken, verblasst am Ende doch des Schreibers Disziplin. Ich bitte um Nachsicht. Wegen des Geschmäckles. Es stinkt halt alles zum Himmel.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Tags: Windeln.de, Zocker, Betrüger, Reddit, Onlineforen, Air Berlin, Babyausstatter, BaFin, Anlegerschutz
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