ETF: Lug & Trug & Exotenspielchen
Seit Jahren hasse ich ETF, genauer, was aus ihnen gemacht wurde. Das wissen ja auch schon viele meiner Börsebius Leser.
Allerdings will ich Ihnen dieses Finanzinstrument nicht mit Gewalt ausreden, wer von ETF, also börsengehandelten Indexfonds, überzeugt ist, soll sie auch weiter mögen. Mit erhobenem Zeigefinger jemanden zum Glück zwingen zu wollen, ist ebenso sinnlos wie unnötig.
Eine an sich gute Idee wird pervertiert
Gleichwohl finde ich schon, daß eine Diskussion über ETF wichtig und sinnvoll ist, weil aus einer an sich guten Idee (der Risikostreuung durch den Kauf mehrerer Aktien eines Index) meines Erachtens faktisch eine ziemliche Mogelpackung geworden ist, die den Anlegern aber nicht gründlich genug erklärt wird. Warum wohl?
Leider wird sich durch meine Kolumne und bis auf weiteres am Erfolgsmodell „ETF“ nichts ändern. Das hat aber weniger damit zu tun, daß dieses Produkt einzigartig sei und nur dem Nutzen und Frommen des Anlegers dient, sondern weil sich die Initiatoren damit eine goldene Nase verdienen.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß dem Anleger durch die vermeintlich geringen Kosten eines ETF die Sinne vernebelt werden und neuerdings soll es die Dinger ja quasi umsonst geben.
Vielleicht noch mal einige grundsätzliche Anmerkungen zu ETF
Also: Nach der Definition kauft ein Indexfonds (ETF=Exchange Traded Fund) die Papiere eines Index als Korb, in einem DAX-ETF wären demnach alle DAX Werte gewichtet vorhanden.
Es stimmt zunächst einmal, daß ETF deutlich günstiger sind, schlicht, weil sie nicht gemanagt werden. Aber es ist auch wahr, daß viele ETF eben nicht die Aktien des zugehörigen Index im Bestand haben, sondern nur Derivate – also Wetten – vorhalten, die die Indexzusammensetzung vorspiegeln. Hier handelt es sich um sogenannte SWAP – basierte ETF. Wollen Sie das wirklich, Wertpapiere besitzen, die aus Wetten bestehen?
Kritiker wenden dann ein, was ich denn überhaupt wolle, es gäbe doch sogenannte physisch replizierende Fonds, wie zum Beispiel „ishares“. Die würden die tatsächlichen Werte des Index dann auch kaufen.
In der Tat, jawohl, das stimmt, die physisch replizierenden Indexfonds kaufen tatsächlich die relevanten Aktien. Aber Achtung: die Fondsmanager verleihen die Titel anschließend und zwar oft nahezu den gesamten Bestand. Wer jetzt glaubt, die Leiherträge gäbe der Fonds an die Anleger komplett weiter, irrt wiederum. Keine Frage, wer das akzeptiert, einen ETF zu kaufen, der am Ende auch bloß nur noch Forderungen im Bestand hat, die im Zweifel nichts wert sind, möge sich bitte schön nicht zurückhalten.
Daß wir uns immer noch richtig verstehen: Wer ETF gut findet und sich über die Risiken informiert hat, soll sie auch kaufen. So viel Respekt gehört sich einfach.
Aber ich will schon ausdrücklich darauf beharren, daß die ETF Branche meines Erachtens mit gezinkten Karten spielt und vermeintliche Sicherheit vorgaukelt, wo keine ist. Im Grunde müsste der Anbieter eines solchen Produktes folgendes sagen: „Lieber Anleger, wir verkaufen Dir ein Papier, was suggeriert, da sei Substanz dahinter. Das stimmt aber nicht, wir haben für Dich nur einen Sack voller Versprechungen geschnürt“. Das war Fall A (SWAP-basierter ETF).
Und – Fall B jetzt – bei einem physisch replizierendem Indexfonds müsste der Slogan heißen: Lieber Anleger, wir tun bloß so, als hätten wir die Aktien im Depot, die den Index abbilden. Das stimmt aber nicht, denn wir haben die meisten Aktien anschließend verliehen und verfügen somit über keine oder wenigstens nur geringe Substanz.“ Und im Übrigen bekommen Sie als Anleger auch nur einen Teil der Leihgebühren, wenn überhaupt. Ich fürchte allerdings, daß dergestalt keine Katze aus dem Sack gelassen wird.
Neueste Entwicklung: Exoten ETF
Die neueste Entwicklung bei manchen Indexfonds stimmt mich echt sehr bedenklich. Da wird ja die Ursprungsidee der Risikominimierung schon konzeptionell ad absurdum geführt.
Das Auflegen von ETF in speziellen Themen oder Branchen ist jetzt total angesagt, von E-Mobilität bis Cannabis, von Klimaschützer bis Videospiele ist alles vertreten. Je enger das Thema, desto sinnloser der Grundgedanke.
Am Ende dieser Entwicklung steht dann der SWAP-basierte Bitcoin ETF. Nichts dahinter verpackt mit noch weniger dahinter. Heiße Luft hoch irgendwas. Das wäre dann der dramaturgische Schlusspunkt der mittlerweile ach so traurigen Indexfonds Story.
Was ist, wenn es mal knallt?
Das Problem vieler Akteure an den Finanzmärkten ist die seit Jahren anhaltende Dauerhausse, nur unterbrochen von der vergleichsweise kurzen Finanzkrise 2008 und der Corona bedingten Kursschwäche im März 2019, diese Dellen wurden aber allesamt relativ schnell wieder aufgeholt.
Eine richtige Baisse von mehreren Jahren ist aus den Köpfen der Börsianer mehr oder weniger verschwunden.
Und das ist total falsch und gefährlich gleichermaßen. So sicher wie das Amen in der Kirche werden in absehbarer Zeit Rechnungen aufgemacht, die uns alle noch sehr erstaunen werden. Die Zeichen heißen Wiederaufleben der Inflation durch die exzessive Geldvermehrung der Notenbanken und uns allen wird noch die Quittung für das Billionen schwere Schuldenmachen unserer staatstragenden Politiker präsentiert.
Wo ist die Substanz?
Mit anderen Worten. Substanzstarke Werte sind dann das Gebot der Stunde.
Das wird mit ETF so nicht gehen, zumindest nicht bei den SWAP-basierten und den Exoten ETF.
Selbst der IWF warnte schon früh vor einer Scheinliquidität an den ETF-Märkten. Das heißt übersetzt, der Internationale Währungsfonds glaubt eher nicht, daß im Falle der Fälle der eine oder andere ETF die benötigte Liquidität schaffen kann. Also die Anleger im Zweifel nicht an ihr Geld kommen.
Spätestens dann rächt sich, daß aus einer guten Idee Teufelszeug geworden ist. Leider Gottes.
Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden.
Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.
Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“
Tags: ETF, Indexfonds, Swap, SWAP, Wertpapierleihe, Exchange Traded Funds, IShares, ishares, Blackrock, Exoten, Krise, Liquidität, börsengehandelter Indexfonds
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